DAS HOSPITALSTRAßE 46 ALPHABET


S wie Scheinwerfer

Wenn es je in Lippstadt ein „global-relevantes“ Erfindungs-Highlight im wahrsten Sinne des Wortes gegeben hat, dann war es die Erfindung des Scheinwerfers bei der WMI im Werk der Hospitalstraße um 1906. Lippstadt ist somit der Geburtsort aller Auto- und Fahrzeugscheinwerfer! Dass die Stadt in ihrer technikbezogenen Selbstdarstellung bisher diese historische Innovationsleistung nicht mit kultureller Würdigung über Kunst oder Stadtmarketing nutzt, bleibt ein Rätsel!

Zeichnung eines „System Hella“ ScheinwerfersBis in das frühe Mittelalter waren Fackeln, Bienenwachs-Kerzen oder Öllampen die einzigen Möglichkeiten, neben offenem Feuer, in Dunkelheit Licht zu erzeugen. Dann kamen offene oder mit Glasfenster versehene Gehäuse (Laternen) in Gebrauch. Gehäuse dienten als Windschutz für die Kerzenflamme. Solche Laternen hingen an Hauseingängen, wurden als Handlaternen bei nächtlichen Gängen genutzt (Lippstadts Stadtmuseum besitzt ein sehr schönes Exemplar aus dem 17. Jhd.) oder sie leuchteten den Kutschen oder Fuhrwerken den Weg. Erst das 19. Jahrhundert änderte die Beleuchtungswelt massiv. Neue Kerzenrohstoffe wie Stearin (1818) oder Paraffin (1830) wurden entdeckt, ersetzten Bienenwachs und verbesserten die Einsatzfähigkeit der Leuchtmittel. Später kam dann die Nutzung von brennbarem Gas (Kohle-Gas oder Azetylen) dazu.  Die Laternen hatten eine alleine auf das Leuchtmittel (Flamme) begrenzte Leuchtstärke.

Wann exakt und von welchem WMI-Mitarbeiter die Transformation von einer Laterne zum „Lippstädter Scheinwerfer“ erfun-den wurde, ist nicht überliefert. Jedenfalls ab 1906 kam das technische Leuchtsystem „Hella“ auf den Markt und mit ihm der Begriff „Scheinwerfer“.

Seit Gründung der Lampenfabrik in der Hospitalstraße 1895 bildeten Laternen/Lampen hier die Zentralprodukte. Angebunden an die technischen Innovationssprünge in der Mobilität (Fahrrad „moderne Form“ ab 1878; Automobile usw.) existierte ein schnell wachsender Markt für die Beleuchtung dieser neuen Verkehrsmittel. Betrachtet man aus der Rückschau die Scheinwerfer-Erfindung, erscheint das Konstruktionsprinzip einfach und naheliegend. Lichtverstärkende Elemente wie eine plankonkave verspiegelte Reflektor-Linse, strahlenbündelnde Glassammellinse, justierbare Flammenposition und ein Blechreflektoren-Gehäuse erscheinen technisch als nichts Besonderes. Aber wie oft bei genialen Erfindungen: Eine einfache Idee ergibt die Basis für eine grandiose Innovation! Hiermit schrieb sich die WMI und heutige Weltfirma „Hella“ Lippstadt in das Erfindungsbuch der Weltgeschichte!

Von Lippstadt aus wurde der leuchtende „Lichtschein“ mobiler Verkehrsmittel in die Welt „geworfen“. Es wird höchste Zeit, dass der Geburtsort, Hospitalstraße 46, wieder im historisch kulturellen Licht scheinen kann!