Mitteilungen

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Vorwort Mitteilungen Oktober 2025

Liebe Mitglieder,
im letzten Heft war von Anfängen die Rede, und daran möchte ich auch im neuen Mitteilungsheft anknüpfen. Es ist ein Anfang gemacht, mit den nun vorliegenden Entwürfen und den Ideen aus dem Architektenwettbewerb die Gestaltung des Marktplatzes und den Museumsbau weiterzuentwickeln. Dazu gehört natürlich auch die vielbeschworene neue Diskussionskultur im Rat der Stadt, die sich hoffentlich einstellen wird und die auch mit mehr Sachlichkeit die Entwicklung von Perspektiven für unsere Stadt und deren Mitte fördern wird.
Die Bürgermeisterwahl ist da natürlich ein wichtiger Faktor. Wir gratulieren Alexander Tschense zu seinem Sieg und wünschen ihm viel Erfolg als erstem Bürger unserer Stadt. Vielleicht kommt bei seiner Amtseinführung ja ein altes Lippstädter Inventarstück zum Einsatz, über dessen Funktion uns sein historischer Amtsvorgänger, Bürgermeister Möller, in seine "Nachrichten über Lippstadt" informiert. Demnach ist die Einführung unter dem Kronleuchter im Rathaussaal durchzuführen, dabei hält der Bürgermeister den Bürgermeisterstab in der Hand. Das ist der Stab, der 1925 als eines der ersten Exponate dem noch neuen Museum vor 100 Jahren übergeben wurde und der derzeit im Depot des Museums an der Hospitalstraße gehütet wird. Vielleicht lässt sich da eine Ausleihe arrangieren, es ist ja für einen höheren Zweck.
Anfänge bedeuten oft auch Baubeginn, sei es nun im Südosten der Stadt oder an der Tivoli-Insel oder, wie bekannt wurde, an der Ecke Cappelstraße und Nicolaiweg. Die Befürchtungen, der alte Steinbecker-Hof könnte abgerissen werden und einem Neubau weichen, bewahrheiteten sich nicht, stattdessen sind für das Areal aus mehreren Hauseinheiten Restaurierung und behutsamer Umbau geplant. Unseren Verein, der sich die "Rettung alter Gemäuer" als Aufgabe gesetzt hat, freut es sehr, dass hier ein Stück der Lippstädter Bau-und Stadtgeschichte erhalten bleibt. Wir wünschen dem Projekt deshalb viel Erfolg und hoffen natürlich, dass wir demnächst mal gucken kommen dürfen.
Sie, unsere Mitglieder dürfen gerne mitmachen bei dem, was wir in unserem Programm für Sie bereithalten, da ist bestimmt etwas dabei. Beim Besuch des Vinzenz-Kollegs im Januar 2026 wird uns wohl auch die Frage bewegen, ob es dort auch einen neuen Anfang geben wird und wenn ja, unter welchem Vorzeichen.
Ihnen wünsche ich einen schönen Herbst und gesunden Winter und bin sicher: Wir sehen uns!
Herzliche Grüße
Marlies Wigge

Verlegung Stolpersteine für die Familie Mosbach am 17.09.2025

Am 17.09.2025 wurden am Südertor 2, (Cineplex-Areal) der ehemaligen Adresse der Familie Mosbach Stolpersteine verlegt für diese jüdische Familie. Eine Schülergruppe der Marienschule hatte sich inhaltlich mit dem Schicksal der Mosbachs beschäftigt. Die fünf Stolpersteine sind Teil einer Spur von nun 20 Steinen, die sich durch die Stadt verfolgen lässt und die gegen das Vergessen und Verdrängen dieser Geschehnisse und des Holocaust insgesamt aufrufen.

Grußwort unserer Vorsitzenden Dr. Marlies Wigge am 17.09.2025

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Anwesende,
gerne nehme ich die Gelegenheit wahr, anlässlich der Verlegung von Stolpersteinen für die Familie Mosbach zu sprechen und auch einen Blick zurück zu werfen, wie Gedenken bisher aussah.
Mit der Erarbeitung des Jubiläumsbandes zur Stadtgeschichte von 1985 geht ein Impuls einher, auch die Geschichte jüdischer Bewohner zu erforschen. Diese Pflege der Erinnerung an jüdische Bewohner und Bürger von Lippstadt war und ist ein Anliegen von Hans Christoph Fennenkötter. Ab Mitte der achtziger Jahre liegen uns von ihm, damals Vorsitzender des Heimatbundes, Veröffentlichungen zu den jüdischen Friedhöfen und Einzelschicksalen vor, er setzte sich auch ein für die Aufnahme der Synagoge in die Denkmalliste.
Es folgte dann zu Beginn der neunziger Jahre die Ausstellung "Leben und Leiden der jüdischen Bevölkerung in Lippstadt", die auch von einer Veröffentlichung im Rahmen der Spurenheftreihe begleitet wurde. Mit Schülerinnen und Schülern gemeinsam baute Christof Laumanns ein Holzmodell der Synagoge, das heute in der Edelstahlversion in der Stiftsstraße steht.
Wir haben dann 1995 eine Tafel in Erinnerung an die jüdischen Zwangsarbeiterinnen in der Hospitalstraße, dies auch als Folge der Arbeiten von Burkhard Beyer über jüdische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter 1993 und Karin Epkenhans 1995 zur Entwicklung der Stadt im Nationalsozialismus. Es geht weiter mit der Errichtung des jüdischen Erinnerungsmals 2003, der Ausstellung "Sonderzüge in den Tod" 2009 und einer Reise mit Barbara Birkert nach Prag (auf den Spuren des David Gans) und Theresienstadt (in Erinnerung an deportierte Juden aus Lippstadt) ebenfalls 2009.
Die Schulen waren über Unterrichtsprojekte schon früh eingebunden in die Aufarbeitung der Zeit der Judenverfolgung. Schülergruppen übernahmen die Gestaltung der Gedenkveranstaltung zur Pogromnacht am 9. November, im Unterricht entstand in Zusammenarbeit mit dem Archiv ein "Memorbuch", in dem die Schicksale der deportierten und ermordeten jüdischen Lippstädter Bürger aufgeschrieben werden sollten. Die Veröffentlichung von Dr. Walter Leimeier "Zufluchtsort Shanghai" geht ebenfalls auf Projektarbeit in der Schule zurück. Wir haben einige Straßenbenennungen und dann seit 2020 auch in der Synagoge einen Ort, an dem jüdisch geprägtes Leben und Kultur im Mittelpunkt stehen.
Mit der Verlegung von Stolpersteinen seit 2021 erreicht nun diese Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und die Pflege der Erinnerung an jüdische Menschen in Lippstadt eine neue Dimension, sie geht in die Fläche und bietet andere Möglichkeiten, die Inhalte zu vermitteln und von Interessierten aufrufen zu lassen.
Stolpersteine sind seit etwa 30 Jahren eine feste Größe im historischen Prozess der Auseinandersetzung mit dem Holocaust in Deutschland und auch in Lippstadt. Das Konzept, auch in der jüdischen Community nicht unumstritten (z. B. Charlotte Knobloch), wurde in Lippstadt zunächst mit einer gewissen Distanziertheit betrachtet, es gab Stimmen, die meinten, das Erreichte und Publizierte reiche doch eigentlich aus.
Die Reaktionen von Bewohnern und Besuchern der Stadt am Erinnerungszeichen zeigen allerdings, dass es nicht ausreicht, dass nicht jeder Betrachtende sich eigenständig informiert, was es mit Zahlen, Fakten und Namen auf sich hat. Umgekehrt habe ich es erlebt, dass ein Schüler bei einer Stadtführung spontan auf die Stolpersteine der Familie Levy zuging und sagte: "Das kenne ich doch, das haben wir besprochen".
Deshalb sind die Stolpersteine wichtig, erinnern sie doch am letzten Wohnort an die Personen, die teilweise auch auf dem Erinnerungszeichen verzeichnet sind. Die ergänzende Aufbereitung der Informationen mit modernen Medien trägt dazu bei, Steine und Biographien zu verknüpfen und damit die Interessierten "abzuholen".
Mosbachs, um die es heute geht, wohnten hier am Südertor, ihr Haus ist zugleich auch das spätere "Judenhaus", in dem Jüdinnen und Juden zwangsweise leben mussten, nachdem ihnen eigene Wohnungen systematisch entzogen wurden. Die neuen Mitbewohner waren hier am Südertor in einem Stadium der Unsichtbarkeit angekommen, nicht mehr in Sichtweite der alten Nachbarschaft und schon bald auf dem Weg von hier nach Anröchte und Dortmund und dann weiter in die Konzentrationslager. Später hieß es dann oft, die Familie sei weggezogen, man wisse nicht genau, wohin.
Stolpersteine sind damit auch ein Mittel, jüdische Geschichte, die Schicksale von Menschen jüdischen Glaubens, wieder sichtbar zu machen und aus den Büchern, den Akten und den Denkmalen in die Straßen zurückzubringen, die sie einmal beherbergt haben. Sichtbarkeit ist nicht immer unmittelbar zu erreichen, das Beispiel der Synagoge zeigt, wie hinter einer Hausfassade Reste existierten, die nur wenigen Personen bekannt waren. Das Lichtkunstwerk über dem Eingang macht deutlich, wie versteckt noch heute Zeugnisse jüdischen Lebens in Lippstadt sind, zugleich weist es auch auf historische Parallelen hin (verborgene Kirchen in Amsterdam). Sichtbarkeit ist inzwischen auch ein politisches Thema, verzichten doch in einigen Städten Juden darauf, in der Öffentlichkeit ihre Kopfbedeckung zu tragen, um sich nicht Anfeindungen und Angriffen auszusetzen.
Mein Dank gilt der Gruppe der Schülerinnen und Schüler, die die Verlegung und Dokumentation dieser Stolpersteine gemeinsam mit den Lehrkräften und der Unterstützung aus unserem Stadtarchiv vorbereitet haben. Aus dem Beispiel meiner Tochter, die 2009 am Memorbuch mitgearbeitet hat, schließe ich, dass diese Beschäftigung mit dem Thema Holocaust und der Familie Mosbach sie auch mitprägen wird, dass es mehr ist als nur ein Schulprojekt.
Zwanzig Stolpersteine sind bereits verlegt, weitere werden und sollten folgen, um auf diese Weise zum Erinnern beizutragen und gegen Unwissen, Unwillen und Indifferenz und damit das Vergessen anzugehen.
Dr. Marlies Wigge


Mehr Informationen gibt es hier:
https://kultur-in-lippstadt.de/stolpersteine
https://stolpersteine.wdr.de/web/de/stolpersteinroute/380

 

Stadtmuseum und Marktplatzneugestaltung

Fakten statt Panik!
Die jüngste Kampagne der CDU bzw. der Initiative „Freier Marktplatz“ gegen die Pläne der Museumserweiterung vermischt und verzerrt Informationen zu diesem Projekt. Der Heimatbund sagt „Nein“. Wir wollen keine Verzögerungsspielchen und unrealistischen Standortvorschläge. Gemeinsam mit dem Förderverein des Museums und dem Kulturrat und auch mit den Parteien, die sich für die Museumserweiterung stark machen, rufen wir über die unten verlinkte Internetseite zum Faktencheck auf. Lesen Sie selbst, denken Sie selbst und überlegen Sie, ob Lippstadt nicht doch eine vernünftige Lösung von Kultur und öffentlichen Stellplätzen in Koexistenz dringend braucht:
https://prostadtmuseumlippstadt.de/

Vorwort Mitteilungen April 2025

Schlussstriche und Neuanfänge
das Motto des Mitteilungsblattes nimmt Bezug auf historische Entwicklungen, die sich in Lippstadt verfolgen lassen und die teils auch in einem größeren Rahmen gesehen werden sollten.
- 1535 mussten sich Zünfte und Rat der Macht der beiden Landesherren beugen. Damit war aber keineswegs ein Schlussstrich unter die Reformationsbewegung in Lippstadt gezogen. Es begann danach eine langsame Weiterentwicklung im religiösen Bereich und eine langfristig wirksame Einbindung der aufmüpfigen Zünfte in die politische Machtstruktur der Stadt.
- Mit der Schließung des Ruhrkessels im April 1945 im Lippstädter Stadtgebiet begann die Phase, die zum Kriegsende in ganz Deutschland führte und die einen tatsächlichen oder vermeintlichen Schlussstrich unter die langen Jahre der nationalsozialistischen Regierung setzte. Die Opfer der Erschießungen im Dortmunder Rombergpark hatten keine Chance, dieses Ereignis noch mitzuerleben, sie wurden ermordet, bevor von den Befreiern ein Schlussstrich gezogen werden konnte. Der Heimatbund erinnert mit der Fahrt nach Dortmund an diese Gruppe von Kriegsgefangenen und Arbeitern und knüpft damit an die jährliche Gedenkfeier am Mahnmal für diese Opfer an. Dieses ist an der katholischen Kirche St.Joseph im Süden der Stadt zu finden.
- Andere Gruppen von Personen erlebten das Kriegsende zwar als Ende der unmittelbaren Gewalt, waren aber als displaced persons und mit unsicherer Perspektive für eine Heimkehr in ihre Herkunftsländer noch lange nicht am Startpunkt eines wirklichen Neuanfangs.
- Kriegsende bedeutete für die "Ostflüchtlinge" die Flucht aus ihrer Heimat mit schwierigen Neuanfängen in zugewiesenen Standorten, aus denen dann neue Gemeinden und langsam auch eine zweite Heimat werden konnte, so im Fall Lipperbruch.
- Jahrzehnte später bewirkt die kommunale Gebietsreform einen Schlussstrich unter die Geschichte des Kreises Lippstadt, bedeutete sie doch für Lippstadt den Verlust des Kreissitzes. Mit Unmut und Unverständnis wurde vielfach die Entscheidung für Soest und gegen Lippstadt aufgenommen. Dr. Wolfgang Maron nimmt uns in seinem Vortrag mit in diese Umbruchzeit und kann vielleicht auch über Neuanfänge berichten.
- In jüngster Zeit können wir nach monatelangem zähem Beratungs-und Verhandlungsringen nur hoffen, dass mit der Entscheidung für einen Architektenwettbewerb nun ein Neuanfang in Sachen Museumserweiterung auf den Weg gebracht wurde. Neuanfänge kosten Energie und Zeit, sind aber für Lippstadt langfristig ein Gewinn, wenn damit die Innenstadt ihr kulturelles Herz zurückerhält.
Ihnen wünsche ich ein schönes Sommerhalbjahr mit vielen Neuanfängen.
Herzliche Grüße Marlies Wigge

Einladung zum Mitmachen: 100 Jahre Lippstädter Herbstwoche

Lippstadt freut sich auf ein weiteres großes Jubiläum: Im Jahr 2026 wird die Lippstädter Herbstwoche hundert Jahre alt. Sie fand erstmals im Jahr 1926 statt. Die 1920er Jahre waren für Lippstadt keineswegs eine goldene Zeit. Lippstadt erlebte nach dem Ersten Weltkrieg eine langanhaltende wirtschaftliche und soziale Krise. Es waren vor allem Vertreter der Lippstädter Geschäftswelt, die in diesen schwierigen Jahren nach dem Ersten Weltkrieg ein Zeichen der Hoffnung setzen wollten. Die Attraktivität der Stadt als leistungsfähiges Einkaufszentrum sollte gestärkt werden. Zu diesem Zweck wurde die erste Herbstwoche im Oktober 1926 ins Leben gerufen. Nach dem Auftakt im Jahr 1926 wurde aus der Herbstwoche bald eine feste Institution. Kulturelle Veranstaltungen, Umzüge, Illuminationen und das große Feuerwerk kamen hinzu. Nicht zuletzt machte die große Kirmes die Herbstwoche zu einem echten Volksfest. Sie bildet seit langem einen Höhepunkt im Leben Lippstadts.
Heimatbund und KWL wollen zum hundertsten Geburtstag einen Spurenband zur Geschichte der Herbstwoche veröffentlichen. Wie schon beim Jubiläumsband des Heimatbundes (Lippstadt. Bilder und Geschichte aus hundert Jahren; Lippstädter Spuren Band 28) sollen Beiträge zu Geschichte und Gegenwart zusammengestellt und mit einem Kaleidoskop von persönlichen Herbstwochengeschichten verbunden und mit viel Bildmaterial illustriert werden.
Dazu sind Sie wieder herzlich zum Mitmachen eingeladen! In Ihrem Fotoalbum haben Sie Fotos mit Menschen und Motiven der Herbstwoche? Stellen Sie sie uns zur Verfügung! Sie haben auf der Herbstwoche eine persönliche Geschichte erlebt, die Sie erzählen möchten? Kindheits- und Jugenderinnerungen gehören ebenso dazu wie Erlebnisse und Anekdoten aus verschiedenen Zeiten. Kurze Texte (ein bis zwei Seiten) sind ebenso willkommen wie Fotos oder Erzählungen. Seien Sie dabei. Wir freuen uns auf Ihre Beiträge!
Vielen Dank fürs Mitmachen!
Kontakt und weitere Information:
Dr. Wolfgang Maron; E-mail: spuren@heimatbund-lippstadt.de
Abgabeschluss ist Ende Oktober 2025, also nach der diesjährigen Herbstwoche


(Fotos: Stadtarchiv, Jürgen Leimeier, KWL, Dieter Tuschen)
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