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Bernhard II. und Lippstadt im

„War Bernhard wirklich der Stadtgründer?", „Sollen wir das Denkmal sprengen?" Mit diesen provokanten Fragen zitierte „Der Patriot" am 14. März 2008 Prof Dr. Jutta Prieur-Pohl, die Herausgeberin eines kurz vorher erschienenen Tagungsbands („Lippe und Livland") mit For­schungsbeiträgen zu den Anfängen des Herrschergeschlechts der Lipper.

Ein „Tabubruch" - oder nicht? Jedenfalls liefert in diesem immer noch hochaktuellen Forschungsband der Herausgeber der zur 800-Jahrfeier Lippstadts 1985 erschienenen Stadtgeschichte, Dr. Wilfried Ehbrecht, mit seinem Beitrag gute Argumente gegen den uns lieb gewordenen Mythos von Lippstadt als ältester Gründungsstadt Westfalens. Auch die Idee von dem Lippstädter Stadtrecht als einem weithin ausstrahlenden Modell für stadtbürgerliche Freiheit sei nicht zu halten. Die Lippstädter müssten sich generell von der Vorstellung eines „Gründungsakts" durch Bernhard II. verabschieden.

Ehbrechts Forschungsanstoß wird der Lippstädter Hermann Großevollmer, Oberstudienrat am Gymnasium St. Xaver in Bad Driburg, in seinem Vortrag am 4.11.2011, 19:00 Uhr im Rathaussaal aufgreifen und nachweisen, dass die lateinische Versvita Bernhards II., „Lippiflorium" genannt und unter der Autorschaft eines in Urkunden des 13. Jahrhunderts erwähnten magister justinus überliefert, immer schon der Dreh- und Angelpunkt unterschiedlichster Auffassungen über die Frühgeschichte Lippstadts war. Das „Lippiflorium" gilt bis dato als mittelalterliche und damit älteste selbstständige Geschichtsschreibung zum Haus Lippe und wird wie ein Steinbruch passagenweise als authentische zeitgenössische Geschichtsquelle ausgewertet.

Erst neuerdings ziehen die meisten Geschichtswissenschaftler seine Glaubwürdigkeit aufgrund überwiegend textexterner Beobachtungen in Zweifel. In seiner Gesamtheit ist das Werk hingegen bisher noch nie mit modernen literatur- und geschichtswissenschaftlichen Methoden interpretiert worden. Hier nun setzt Großevollmer an. Ausgangspunkt seiner Untersuchung ist die Frage nach der „Gebrauchssituation" der „Lippiflorium"-Überlieferung.

Im Rahmen einer Leinwandpräsentation wird der Referent die Lebensbeschreibung Bernhards und die darin enthaltene Erzählung von der Gründung Lippstadts als Legende darstellen und ihre Wirkungsgeschichte bis in die Gegenwart erörtern.

Dr. Reinhold Schneider, Lippstadt: Neues zur Geschichte des Stadtmuseums (Teil 1)

Nicht zum ersten Mal wurde das Stadtmuseum Gegenstand einer historischen Betrachtung. Schon zu Beginn der 1980er Jahre hatte der damalige Museumsleiter Herr Becker die wenigen historischen Quellen zum Haus selbst zusammengetragen und versucht, aus diesen im Zusammenhang mit der allgemeinen Stadtgeschichte eine Geschichte des Hauses zu ent­wickeln. Diese Ausführungen bildeten die Grundlage der neuen bauhistorischen Untersuchung, die zudem noch Fotos der freigelegten Fachwerkfassaden aus dem Jahre 1958 auswertete und verschiedene Balken dendrochronologisch datierte. Darüber hinaus wurden an verschiedenen Stellen im Haus Öffnungen in den Wänden angelegt, mit deren Hilfe die Zusammensetzung des Hauses (das Gefüge) geklärt wurde. Zusammen mit Grundrissen, die die Raumstruktur des Hauses vor dem großen Umbau 1958 zeigten, konnte die Baugeschichte des Hauses weitgehend geklärt werden. 

Bisheriger Forschungsstand / Besitzgeschichte

Bisher ist man davon ausgegangen, dass der Vorgängerbau des heutigen Hauses wie alle anderen Gebäude im Stiftshofen beim großen Stadtbrand 1656 untergegangen ist, um bald danach durch einen Neubau, der zu großen Teilen noch heute vorhanden sein sollte, ersetzt zu werden. Zwar ist in diesem Teil der Stadt fast sicher von einer Bebauung seit dem aus­gehenden Mittelalter sowie kurzfristiger Schließung der Brandlücken nach 1656 auszugehen, ob diese jedoch, was die genaue Lokalisierung und Besitzgeschichte betrifft, in einem Zusammenhang mit dem heutigen Gebäude steht, ist zumindest zweifelhaft.

Die Auswertung der Ansichten des freigelegten Fachwerks ergab, dass das Haus im Erd- und Obergeschoss aus drei unterschiedlich alten Bauzusammenhängen besteht. In der Mitte ist das Fachwerk stockwerkweise verzimmert und bildet den ältesten Baubestand des Hauses, der jedoch im Obergeschoss bei der Neuausstattung im Rokokostil weitgehend verändert wurde. Nur die beiden Außenwände im Osten und Westen zeigen noch diesen ursprünglichen, recht kleinen Baukörper an, der wohl noch im 17. Jahrhundert entstanden ist. Nördlich an diesen mittleren Teil schließt ein Bauteil an, der ungefähr den Bereich des Jahreszeitensaales umfasst. In Ständerbauweise errichtet, wurde er an den mittleren Bauteil angeschlossen. Man kann also mit einiger Sicherheit davon ausgehen, dass dem ursprünglichen Kernbau (wohl noch 17. Jh.) vor der Mitte des 18. Jahrhunderts eine nördliche Erweiterung hinzugefügt wurde. Beide Bauteile zusammen ergeben jedoch ein im Vergleich mit der übrigen Bebauung der Rathausstraße recht kleinen Bau. Es ist daher die Frage, ob die wohlhabende Familie Rose im frühen 18. Jahrhundert überhaupt in diesem Haus gelebt hat, dessen Eigentümer sie sicher war.

Der dritte Fassadenteil schließt über eine auf den Fotos noch deutlich zu erkennende Baunaht im Süden an den mittleren Teil an. Der zweigeschossig in Stockwerkbauweise errichtete Bauteil gehört in die große Umbauphase der Zeit um 1770. In diesem Teil lässt sich das hohe, repräsentative Obergeschoss direkt an der Fachwerkstruktur ablesen. Offensichtlich reichte der Raum, den man beim Umbau zu Repräsentationsräumen im Obergeschoss erhalten hatte, nicht aus und man ließ das Gebäude bis zur Straße verlängern. Zeitgleich mit der Verlängerung wurde auch das zweite Geschoss als Speicherstock aufgesetzt. Nachdem das Haus so seine heutige Größe erhalten hatte, wurde der gesamte Bau verputzt.

Nach den Auswertungen der dendrochronologischen Untersuchungen steht fest, dass das Gebäude unter Verwendung stark veränderter älterer Bauteile weitgehend im Jahre 1770 errichtet wurde. Das heißt, dass anders als bisher vermutet der Bau erst nach dem Siebenjährigen Krieg in heutiger Größe entstand. Eine der Kriegsfolgen könnte jedoch dazu beigetragen haben, dass das Haus seine für bürgerliche Bauten in Lippstadt ungewöhnliche Opulenz erhielt. Im Jahre 1764 ordnete die preußische Regierung die Schleifung der umfangreichen Lippstädter Festungsanlagen an. Die so im Umfeld der Stadt entstandenen Ländereien wurden zum größten Teil von Johann Conrad Rose erworben und in den folgen­den Jahren an einzelne Investoren weiterveräußert. In Anbetracht der Größe der Festung muss dieses Geschäft einen gewaltigen Umfang erreicht haben. Nachdem Rose 1768 die Verkäufe abgeschlossen hatte, war er nicht mehr nur ein reicher Bürger, sondern wohl mit Abstand der reichste Lippstädter seiner Zeit. Daher beginnt er im Jahr nach Ende dieser geschäftlichen Aktivitäten mit dem aufwendigen Umbau seines Hauses zum größten Palais in der Stadt.

Das Innere des Hauses

Wie bei Gebäuden, die vor dem Ende des 19. Jahrhunderts errichtet wurden, in Lippstadt üblich, verfügte auch dieses Haus nicht über einen Keller im eigentlichen Sinne. Lediglich der Bereich der heutigen Gästetoiletten, der Garderobe und der Räume östlich der Küche war in zwei Stufen leicht eingetieft und wurde als Lagerraum genutzt.

Eine Zeichnung von Marie Steinbecker vom Beginn des 20. Jahrhunderts zeigt noch den tiefsten Kellerraum unter den heutigen Besuchertoiletten. Mit dem Rücken zur Ostfassade stehend zeigt sie dem Betrachter einen Blick durch den Kellerraum. An der gege­nüberliegenden Wand sieht man hier die Untersicht der heutigen Treppe zum ersten Obergeschoss.

Entsprechend der schon an den Traufseiten beschriebenen Dreiteilung des Hauses gliederte sich das Erdgeschoss bis zu den großen Umbauten nach 1958 in drei unterschiedlich gestaltete Bereiche. Der südliche, 1770 angefügte Bauteil zeigt eine dreischiffige Gliederung mit einem breiten, fast deelenartigen Flur, der zu beiden Seiten von jeweils zwei unterschiedlich großen Räumen flankiert wurde. Im hinteren Teil des Flures, im Anschluss an die Trennwand zum mittleren Bauteil, befand sich bis 1958 die Haupterschließung über eine zweiläufige Treppe, die an der östlichen Flurwand entlangführte und in einem schmalen Raum neben dem Kanonensaal endete. Diese Treppe wurde wahrscheinlich erst bei Umbauten in der Zeit um 1829 eingefügt. Zuvor befand sich eine breite barocke Treppe in den östlichen Räumen neben dem Flur. Möglicherweise war ihr Antritt im Flurbereich. Sie führte, wie Störungen im Decken- und Fußbodenaufbau bis heute zeigen, in den südöstlichen Raum des ersten Obergeschosses, der erst später unterteilt wurde und bis 1828 einen repräsentativen Treppenraum bildete.

(Fortsetzung im nächsten Heft)

Ausstellung zum 450. Geburtstag von Anton Praetorius

Der gebürtige Lippstädter Anton Praetorius war für die evangelische Kirche, was der Jesuit Friedrich Spee von Langenfeld auf katholischer Seite war: Mutig und engagiert traten beide gegen die Verfolgung angeblicher Hexen und Zauberer auf. Diese erlebte in den unruhigen Zeiten des 16. und 17. Jahrhunderts ihren Höhepunkt. Was Praetorius dagegen unternommen hat, ist in einer Ausstellung in der Rathausgalerie Sept./Okt. 2010 zu erfahren. Gestaltet wird die Präsentation von dem Unnaer Pfarrer Hartmut Hegeler, der auch bei der Eröffnung am 03.09.2010, 19.30 Uhr, sprechen wird.

Außerdem werden die Hexenverfolgungen hier in Lippstadt thematisiert. Dabei liegen auch die Prozessakten von 1630 und 1676/77 in einer modernen Abschrift aus.

Historisches Stadtmodell - Modernes Stadtmodell

Das Blasiusessen im Februar brachte in diesem Jahr den Marineverein Lippstadt und den Heimatbund zusammen. Damit bedankten wir uns für die Mithilfe bei der Auffrischung des historischen Stadtmodells im Rathaus. Dieses ist nach der Restaurierung auch unter einer neuen Glashaube ins rechte Licht gerückt. Besonders wir Stadtführer wissen die von der Stadt und dem Heimatbund finanzierte Aktion zu schätzen und entdecken mit unseren Besuchern immer wieder neue Seiten an einer alten Stadt.
An der Finanzierung des zum Stadtjubiläum geplanten Stadtmodells des heutigen Lippstadt aus Bronze, welches seinen Platz unter freiem Himmel haben wird, beteiligt sich der Heimatbund mit einer erheblichen Summe. Derzeit finden vor Ort im Atelier des Künstlers in Welver die abschließenden Beratungen statt.

Veranstaltungen zum Stadtjubiläum

Das 825-jährige Stadtjubiläum ist in diesem Jahr Leitfaden für unsere Veranstaltungen, die wir unter dem Motto „Stadt-Land-Fluss" anbieten. Die Stadtspaziergänge folgen durch alle Jahrhunderte seit der Stadtgründung Themen, die eben diese Zeit in unserer Stadt prägten.
Es wurden bereits vier Stadtspaziergänge zu den  Themen durchgeführt: "Märkte und Pilger", „Lippstädter Zunftwesen", „Die Reformation verändert die Stadt" sowie „Bürgerliche Bauformen" durchgeführt. Trotz widriger Witterung waren besonders die zweite und die dritte Veranstaltung sehr gut besucht. Das diesjährige Radtouren-Programm vermittelt einen Überblick über alle Ortsteile von Lippstadt, die sicher seit dem letzten Stadtjubiläum 1985 ihre Verbundenheit mit der Stadt und ihre Eigenständigkeit weiterentwickelt haben.
Auf das Jahr verteilt bieten wir darüber hinaus Vorträge zu aktuellen Themen und besonderen Jahrestagen an: Der sehr lebendige Vortrag von Annette Schoop am 4. März zum Thema Königin Luise machte den Anfang und wird ergänzt durch die geplante eintägige  Museumsfahrt nach Berlin am 29 Mai. Im Juli und November befassen sich zwei weitere Vorträge mit der Thematik der Stadtgründung und der Datierung des Lippifloriums. Im September spricht die Referentin Dr. Perrefort über Bürgermeister Möller, dem wir ausführliche Stadtnachrichten verdanken. Wir hoffen, dass wir mit diesem thematisch recht unterschiedlich akzentuierten Vortragsreigen weiterhin auf reges Interesse unserer Mitglieder und des Lippstädter Publikumstreffen treffen werden.

Ebenfalls im September, am 11. September wird hier in Lippstadt der Heimatgebietstag stattfinden, in dessen Organisation der Heimatbund Lippstadt bereits intensiv mit eingebunden ist. Wir hoffen, dass sich die mehr als 100 Vertreter der Heimat- und Geschichtsvereine in unserer Stadt wohlfühlen werden.

 

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