"Lippe und Livland - Mittelalterliche Herrschaftsbildung im Zeichen der Rose"
so lautet der Titel eines Buches, das gerade im Verlag für Regionalgeschichte Bielefeld erschienen ist. Es enthält zehn Beiträge einer Tagung in Detmold und Lemgo, die sich 2006 mit Bernhard II. und seinen Kindern beschäftigt hat. Mehrere Aufsätze haben direkte Bezüge zu Lippstadt. Allen voran befasst sich Wilfried Ehbrecht, Herausgeber der Lippstädter Stadtgeschichte von 1985, unter der Frage "Verfassung und Recht lippischer Städte - ein Modell?" ganz direkt mit Lippstadt und seiner Gründungsgeschichte. Weitere Schwerpunkte sind Forschungen zur Biografie Bernhards II., zur Baukunst der Lipper und zu ihren Beziehungen ins Baltikum (Livland).
Der reich bebilderte Band, dessen Veröffentlichung vom Stadtarchiv Lippstadt mitfinanziert wurde, ist ab sofort für 24,- € im Stadtarchiv zu erwerben.
Prag
Eine Studienreise vom 20. bis 24. September 2008 nach Prag, Lidice, Theresienstadt und Pilsen
An den Anfang dieses Reiseberichtes möchte ich - eingefahrene Gleise der Berichterstattung verlassend und bewusst den Dank der Mitreisenden voranstellend - die Leiterin des Unternehmens „David Gans" setzen, die Kunsthistorikerin Barbara Birkert. Ihr haben wir eine nicht alltägliche Reise in Städte und an Orte unseres östlichen Nachbarlandes zu verdanken. Frau Birkert, geborene Lippstädterin, arbeitete nach ihrem Studium unter anderem am Jüdischen Museum Berlin und an der Alten Synagoge Essen und leitet regelmäßig Studienreisen. Wer hätte besser unsere Reise leiten und durch ihr unerschöpfliches Wissen und ihren mannigfaltigen literarischen Zitatenschatz unser Erfahren nachhaltiger bereichern können? Wer bei beginnender Nacht in Prag auf der Karlsbrücke gestanden hat, die Burg der böhmischen Könige auf der einen Seite betrachtend, den Blick über die Prager Altstadt schweifen lässt, dann über das dunkle Wasser der Moldau auf die zahlreichen, den breiten Wasserlauf überspannenden Brücken schaut, und dabei Zitaten aus Brechts Moldaulied lauscht - ja, der wird diese Pragreise nicht mehr aus seiner Erinnerung lassen!
Nun zur Reise. Bereits zu früher Morgenstunde startete unsere Fahrt in die Stadt, in der der 1541 in Lippstadt geborene jüdische Gelehrte David Gans im Jahre 1613 verstorben ist. Prag, der damalige Sitz der böhmischen Könige und der habsburgischen Kaiser, und die ehemalige Judenstadt in Prag sollten daher vorrangig das Ziel unserer Reise sein - verbunden mit Aufenthalten in den von der deutschen Geschichte im besonderen Maße berührten Orten Lidice und Theresienstadt. Die Stadt Pilsen bildete den Abschluss des Programms.
Zwanzig Kilometer vor Prag legten wir in Lidice einen Halt ein. Wir schauten auf den Ort, den die Nationalsozialisten nach dem Attentat auf Reinhard Heydrich auf grauenvolle Weise von der Landkarte zu tilgen versuchten, und wir gingen beeindruckt durch die mit 23 000 Rosenstöcken bepflanzte Gedenkstätte.
Am frühen Abend erreichten wir Prag. Trotz der langen Reise gab es kein Halten. Wir machten uns auf zu einem ersten Gang durch die Prager Altstadt, vorbei an den in weiches Licht getauchten, überwiegend in Gelbtönen leuchtenden Häuserfassaden. Wir schlenderten über die Karlsbrücke, immer wieder verweilend und Zitaten zuhörend, und erreichten die Prager Kleinseite. Zeit für einen Besuch in einem der kleinen Gasthäuser unterhalb des Hradschin. Der erste Reisetag endete böhmisch, nicht ohne böhmisches Bier, hell oder dunkel.
Der nächste Tag führte hinauf zum Hradschin, passend zum Wechsel der Burgwachen. Eine Besichtigung des Veitsdomes ließ sich an diesem Sonn
tagmorgen nur mit List und Tücke organisieren, dann richteten sich im Vladislavsaal des Königspalastes unsere Blicke auf das atemberaubend kühne, spätgotische Sterngewölbe. Ein Gang durch das Goldene Gässchen entlang der hohen Burgmauern schloss sich an, dann ging es durch den Wallgarten hinab zu den Adelspalästen und Bürgerhäusern auf der Prager Kleinseite, immer wieder literarischen Exkursen lauschend. Nach der mittäglichen Stärkung setzten wir unsere Wanderung durch Prager Geschichte(n) fort. Von der Karlsbrücke gelangten wir über den Altstädter Ring, in dessen Mitte das Denkmal für den Reformator Jan Hus steht, zum nahe gelegenen Wenzelsplatz. Ein Halt an der Astronomischen Uhr zum Spektakulum des stündlichen Glockenschlages war selbstverständlich.
Der dritte Reisetag war David Gans und dem jüdischen Viertel vorbehalten. In der Maisel-Synagoge, in der die Geschichte der Prager Juden gezeigt wird, erlebten wir die erste Begegnung mit David Gans. In einem Schaukasten fanden wir zwei seiner Schriften. Nur wenige Schritte entfernt liegt der alte jüdische Friedhof. Noch heute stehen hier unter hoch aufragenden Eschen 12 000 Grabsteine, unter ihnen der Grabstein des David Gans. Obwohl er zur Zeit nicht zugänglich ist, war es unserer Reiseleitung gelungen eine Ausnahme zu erlangen. So standen wir alle vor dem alten grünen, nach oben ein Dreieck bildenden Grabstein, in dessen Spitze über dem Davidstern als persönliches Symbol eine Gans eingraviert ist. So ruht hier nun seit beinahe 400 Jahren der geborene Lippstädter David Gans, der sich in Prag als Historiker, Astronom und Geograph einen Namen gemacht hatte.
Nach der Besichtigung weiterer berühmter jüdischer Baudenkmäler gelangten wir zu unserer letzten Station des Vormittags, der im 13. Jh. errichteten Altneuschul. Sie ist heute eines der ältesten Bauwerke der Stadt. Ihr gegenüber steht das alte jüdische Rathaus. Dort empfingen uns am Nachmittag der Oberrabbiner und der Geschäftsführer der jüdischen Gemeinde und nahmen zu unseren zahlreichen Fragen - in deutscher Sprache - Stellung. Nach einer Stunde zogen wir weiter durch die Gassen zur Stadthalle, wohl Prags schönstem Jugendstilbau, mit einem traditionsreichen, prachtvollen Cafe. Wir konnten nicht widerstehen - in einem derart schönen Raum musste Kaffee getrunken werden! Von der Heiterkeit des Jugendstils - oder war es der Kaffee? - getragen, beendeten wir unseren Rundgang in der nahe gelegenen Jubiläums-Synagoge.
Der Tag vier unserer Studienreise führte uns nach Theresienstadt. Nur wenige wissen, dass es sich bei dem ehemaligen Ghetto des 2. Weltkriegs zugleich um eine der größten Fortifikationen in Europa handelt, die in ihrer historischen Substanz gänzlich erhalten ist. Im Jahre 1780 gegen Preußen mit Zitadelle und vorgelagerter Garnisonsstadt errichtet, wurde sie 1941 ein Sammel- und Durchgangslager für Juden. Zehntausende starben hier, die meisten erwartete der Tod nach ihrer Deportation aus Theresienstadt in die Vernichtungslager im Osten. Unser besonderes Interesse galt dem Leben und dem Leiden der Inhaftierten des Ghettos, zu denen auch jüdische Bürger aus Lippstadt zählten. Zeichnungen und Gedichte der in Theresienstadt inhaftierten Kinder begleiteten uns durch den Ort. Abschließend gedachten wir auf dem jüdischen Friedhof der Lippstädter Juden, deren Schicksal mit Theresienstadt verbunden ist. Am Fuße der steinernen Menora legten wir für sie 16 Gedenksteine nieder. Den Abend nutzten wir zum gemeinsamen Abendessen in einer Gaststätte der Prager Altstadt.
Der Tag der Rückreise war gekommen. Eine Reise nach Prag ohne Stopp in Pilsen ist wohl nicht denkbar. Tschechien und Pilsner Urquell - untrennbar! Doch unser Halt galt zunächst der drittgrößten Synagoge der Welt. Eine Vertreterin der jüdischen Gemeinde führte uns durch dieses großartige Bauwerk, das heute als Konzert- und Ausstellungssaal dient, und führte uns abschließend zu älteren Zeugnissen jüdischer Kultur in Pilsen. Auf dem Weg zum letzten Ziel der Reise spazierten wir durch die unter Denkmalschutz stehende Pilsner Altstadt. Nun war es nicht mehr weit bis zur weltberühmten Pilsner Brauerei. Am Ende des Rundganges durch die Produktionsanlagen landeten wir schließlich in einer unterirdischen Bier-Lagerstätte. Und wie könnte es anders sein? Hier gab es auch eine Bierprobe: ein Glas Pilsner Urquell - noch trüb. Beim gemeinsamen Mittagessen stärkten wir uns für die Heimreise und erreichten wohlbehalten Lippstadt - an vielerlei Wissen und Erfahrung reicher und voller Dank an unsere Reiseleiterin.
Dr. Gunter Hagemann (Kurzfassung eines Reiseberichtes)
„Als die Römer frech geworden zogen sie nach Deutschlands Norden" - so beginnt das schaurige Studentenlied des Joseph Victor von Scheffel (1826-1886). Die Römer zogen vom Rhein auf und entlang der Lippe nach Germanien und erlitten im Jahre 9 n. Chr. im Teutoburger Wald eine herbe Niederlage. An dieses geschichtliche Ereignis vor 2000 Jahren erinnern gleich drei große Ausstellungen in Nordrhein-Westfalen. Unter dem Titel „Imperium - Konflikt - Mythos" finden im Westfälischen Römermuseum in Haltern, im Museum und Park Kalkriese bei Osnabrück und im Lippischen Landesmuseum in Detmold Kooperationsausstellungen statt. Die Ausstellung in Kalkriese ist schon eröffnet, Haltern und Detmold folgen am 15. Mai 2009.
Die Römer zogen aber nicht nur in den Teutoburger Wald, Spuren ihres Aufenthaltes sind auch heute noch von der Lippeniederung südwärts bis hinauf auf die Briloner Hochebene zu finden. Bleibarren, römische Münzen und andere archäologische Funde, die auf der Briloner Hochfläche zwischen Brilon/Altenbüren, Alme und Bleiwäsche gemacht wurden, zeugen noch heute von den wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Germanen und Römern im Sauerland vor 2000 Jahren. Es ist durchaus denkbar, dass während der römischen Besatzungszeit von 12 v. Chr. bis 9 n. Chr. die Römer Bleibarren aus dem Briloner Raum zur Verschiffung auf der Lippe - die Nordhänge des Sauerlandes hinab - über alte Wegetrassen transportiert haben. Auch in der frühen römischen Kaiserzeit gab es hier Stätten der Bleigewinnung und -verarbeitung, die vorrangig für das römische Imperium produzierten. Weitere Abnehmer vom Sauerländer Blei waren die Salinen am Hellweg, die während der römischen Besatzungszeit das Salzsieden auf Bleipfannen umgestellt hatten.
Eine der alten Wegeverbindungen von der Briloner Hochebene über das Römerlager Kneblinghausen hinab über die Saline Westernkotten bis zum Ort der Verschiffung von Blei und Salz auf der Lippe im Raume Lippstadt mit Interessierten zu erwandern, hat den Briloner Heimatbund - Semper Idem e.V. bewogen, die Römerwanderung 2009 durchzuführen.
Der Heimatbund Brilon - Semper Idem e.V. veranstaltet die Römerwanderung 2009 in Zusammenarbeit mit dem Heimatbund Lippstadt, den Heimatfreunden Bad Westernkotten, den Heimatfreunden Oestereiden und dem Heimatgeschichtlichen Arbeitskreis Rüthen.
Gewandert wird an vier Tagen:
1. Wanderetappe am 16. Mai 2009 (Tag der internationalen Hanse) von Lippstadt (Stiftsruine) bis Bad Westernkotten (ca. 12 km)
2. Wanderetappe am 6. Juni 2009 von Bad Westernkotten über die Pöppelsche nach Oestereiden (ca. 10 km)
3. Wanderetappe am 8. August 2009 von Oestereiden über das Römerlager Kneblinghausen nach Kneblinghausen (ca. 15 km)
4. Wanderetappe am 13. September 2009 (Tag des offenen Denkmals) vom Römerlager Kneblinghausen zur Dingbuche, über den Salzpfad nach Brilon und weiter zur alten Hütte.
An der Alten Hütte im Schmelterfeld, Außenstelle des Museums Haus Hövener in Brilon, findet ab dem 1. September ein Salzsiedeversuch in Bleipfannen statt. Der Landschaftsverband wird den Versuch wissenschaftlich anlegen, durchführen und dokumentieren.
Die Wanderungen erfolgen unter fachkundiger Leitung durch die jeweiligen „Kenner" der am Wege liegenden Dörfer und Städte. Alles Interessante aus Natur und Kultur links und rechts des Weges wird erklärt. Der Beginn der Wanderungen ist jeweils um 10 Uhr, Ende wird gegen 16 Uhr oder früher sein. Wenn möglich, sollen Fahrgemeinschaften gebildet oder Busse eingesetzt werden. Am Ende der Wanderungen gibt es einen kleinen Imbiss, während des Tages versorgt sich jeder Teilnehmer aus seinem Rucksack.
Initiator und Gesamtorganisation
Briloner Heimatbund - Semper Idem e.V.: Winfried Dickel, Telefon 02961 - 2565) und Helmut Mengeringhausen (02961 - 4212).
Die 1. Wanderetappe am 16. Mai 2009 von Lippstadt nach Bad Westernkotten beginnt um 10.00 Uhr ab Stiftruine. Dort werden die Vorsitzende des Lippstädter Heimatbundes, Frau Dr. Marlies Wigge, und die Briloner Initiatoren der Römerwanderung die Teilnehmer begrüßen, ehe Herr Dr. Gunter Hagemann bei einem Rundgang durch das Stiftsgelände den historischen Ort (Hermelinghof, Kloster und Klosterkirche, Damenstift) vorstellt und erläutert. Die dann beginnende Wanderung führt unter fachkundiger Leitung von Dipl.-Ing. Horst Braukmann aus Soest, der sich mit der Erforschung alter Wegebeziehungen befasst, entlang der Lippe bis zur Kirche Hellinghausen. Von dort geht es weiter über Hellinghausen nach Overhagen.
Der Weg führt dann entlang den drei Warten (Stirper Warte, Erwitter Warte und Westernkötter Warte mit Erläuterungen durch Herrn Wolfgang Markus) nach Bad Westernkotten. Den Endpunkt der Wanderung bildet dort - wohl gegen 16.00 Uhr - die Schäferkämper Wassermühle (Holzweg). Ob der Briloner Heimatverein für die Rückfahrt von Bad Westernkotten nach Lippstadt zum Ausgangspunkt Stiftsruine einen Bus einsetzen wird, hängt von der Anzahl der Lippstädter Teilnehmer ab. Entsprechende Hinweise werden rechtzeitig in der Presse bekannt gegeben. Die Organisatoren würden sich über eine rege Teilnahme an der Römerwanderung 2009 sehr freuen. Denn: Ein Weg ist ein Weg, wenn man ihn geht! Gehen Sie mit!