Es ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die Theo Feldmann da übernommen hat. Er soll Lippstadts „Erzengel“ wiederherstellen, jenen Engel, der einstmals die nach ihm benannte Apotheke an der Langen Straße zierte. Die Apotheke existiert nicht mehr, und der Engel genießt in Privatbesitz seinen Ruhestand. Nun aber soll er wieder auf seinen alten Platz zurück, als Replik. Ein künstlerisches Projekt, für das keine anderer mehr prädestiniert wäre als Theo Feldmann, Lippstadts Doppelmeister im Metzger- und Kunsthandwerk. Vor wenigen Wochen hat er mit der Arbeit begonnen, und ich sollte ihm einmal über die Schulter schauen. Was ich sehr gern tat. Bei meinem Besuch war da kaum mehr als ein grober Klotz zu sehen. Dem Meister Theo aber nicht mit einem groben Keil zu Leibe rückt, sondern sehr sorgfältig mit Holzhammer und Stecheisen. Ich lasse mir erklären und nehme erstaunt zur Kenntnis, dass die Figur nicht aus einem einzigen Stamm gefertigt ist, sondern aus mehreren zusammengeleimten Bohlen. „Ein kompakter Stamm kann allzu leicht reißen,“ sagt der erfahrene Hobbyschnitzer. Am Anfang misst er die Konturen aus und dann beginnt die Feinarbeit. Abtasten, punktieren, so nennt er das. „Damit auch die Nase am rechten Fleck sitzt.“ Danach kann das eigentliche Schnitzwerk beginnen. Theo Feldmann rechnet mit einer Gesamtdauer von zwei bis drei Monaten. Bei – mit gelegentlichen Ausnahmen – fünf Arbeitsstunden täglich.
Beim Zuschauen frage ich den 79-Jährigen nach seinem künstlerischen Werdegang. Schon als Kind hat er mit dem Schnitzen begonnen, angeregt von einem Nachbarn in Schlesien, wo er während des Krieges mit Mutter und Schwestern lebte. „Gern,“ sagt er, „hätte ich die Bildhauerei zu meinem Beruf gemacht. Aber meinem Vater zuliebe......“ Meister ist er nun so und so.
Er zeigt mir einen Bildband, der neben vielen anderen künstlerischen Indizien seine Werkstatt schmückt. „Das Fleischerhandwerk in der bildenden Kunst“. Es sei erstaunlich, so Theo Feldmann, wie viele Künstler – Otto Dix zum Beispiel – von der Arbeit des Fleischers fasziniert gewesen. Der „Engelmacher“ vom Südertor ist ein Autodidakt. Aber nicht ausschließlich. Während seiner Gesellenzeit in Essen hat er sich an der Folkwang-Schule zusätzliches Rüstzeug geholt. Man darf ihn heute gut und gern einen Könner auf seinem Gebiet nennen. Und gespannt sein auf die neue Engelsfigur. Ich bin zunächst einmal gespannt auf den Fortgang der Arbeit.
Werde ihn in Kürze erneut besuchen.
Willi Kröger