DAS HOSPITALSTRAßE 46 ALPHABET


J wie Jugendstil

Wagentürgriffe im JugendstilHospitalstraße 46 und Jugendstil? Wer in der Hospitalstraße an der Fassade der Fabrikgebäude vorbei geht, wird schwerlich an „Jugendstil“ denken!  Lippstadt besitzt viele Häuser mit Elementen des Jugendstils, des Historismus oder eines provinziellen Eigenstils mit Mischungen der verschiedenen Stilrichtungen des Zeitraums zwischen 1890 und 1920…aber davon sieht man nichts am alten WMI-Werk! Und doch hat die Kunstepoche auch die Hospitalstraße und damit die alte WMI gestreift: In den Produkten! Diese sind insofern im Gestaltaspekt interessant, da sie das Spannungsfeld zwischen Historismus und Jugendstil aufzeigen. Historismus-Elemente, das Nachahmen historisch überlieferter Formenbilder, teilweise auch mit überladenden Verzierungen, bestimmen in der neuen maschinellen Serienproduktion die Massenwaren. Dazu kommt dann ein Gegenentwurf mit Jugendstil-Elementen. Klare geschwungene Linien, geometrische oder pflanzliche Silhouetten, mit weitgehend abstrakter Ornamentik, versuchen Individualität anzudeuten. Fuß und Carbid-Behälter der WMI-Lampe von 1900 zeigen historisierend einfache klassische Bandmuster, die Griffe sind jedoch ornamentiert. Auch auf den Wagentürgriffen aus dem Musterbuch von 1910 repräsentiert sich „zeittypische“ Ornamentvielfalt.

Fuß und Carbid-Behälter der WMI-Lampe von 1900Gestalterisch besonders interessant ist eine Lampe, gebaut aus dem Materialfundus der Cornet-Werkstatt der WMI. Der heute sich im Privatbesitz befindende Leuchter wurde von einem „Instrumentenbauer“ der WMI um 1900 aus Messingröhren und Zierapplikationen hergestellt. Die Gestaltung entspricht im Stilaspekt dem, was wir an den Lippstädter Häusern aus der „Gründerzeit“ finden: Variabler Mischstil in hoher Handwerkskunst!

aus dem Materialfundud der Cornet-Werkstatt der WMI hergestellter DeckenleuchterLippstadts reichhaltige Industrie- und Fertigungsgeschichte benötigt eine öffentliche Zugänglichkeit, auch eine generelle kunsthistorische Betrachtung wäre interessant! Das Museumsdepot in der Hospitalstraße 46 sollte in einem zusätzlichen Gebäudebereich eine repräsentative Ausstellungsfläche für die „Industriegeschichte “ erhalten. Lippstadt könnte dann neben seiner Bedeutung als Industriestandort auch seine „Industriekultur“ zeigen und mit einem höheren allgemeinen Kulturstatus öffentliche Aufmerksamkeit erzeugen.