DAS HOSPITALSTRAßE 46 ALPHABET


E wie Eigentümer

Firmen benötigen Geschäftsideen und Kapital! Wie war es in der Hospitalstraße 46, wer waren hier die Eigentümer? Nahezu alle Eigentumsformen wirtschaftlicher Art finden sich in der Besitzhistorie der Hospitalstraße 46: Einzelkaufmann (1895), Aktiengesellschaft (1899), GmbH (1951), Kommanditgesellschaft (1959) sowie öffentliches Eigentum. Die Firmenzeit bestimmten Familien- und „Shareholder“-Interessen, danach kamen städtische Belange. Die Vorgänge sind eine Fundgrube für betriebswissenschaftliche Forschung. Doch wie fing es an?

Sally Windmüller 1911Die jüdische Familie Windmüller, mit Heimann Windmüller als Hausvorstand, wohnte 1864 im Bereich Ecke Cappel-/Blumenstraße (noch heute steht dort die repräsentative ehemalige „Villa“ von Sally Windmüller). Mit kleinen Handelsverhältnissen (Heu, Kohle, Brennmaterial) bestritt die Familie ihren Lebensunterhalt. Heimann Windmüllers starb 1877 mit 58 Jahren und hinterließ seine Frau mit acht minderjährigen Kindern. Der damals 18jährige älteste Sohn Sally musste nun die Familienversorgung „regeln“. 1892 heiratete er. Irgendwie verliefen seine Aktivitäten so erfolgreich, dass er bereits 1888 vier Arbeiter beschäftigte und Grundstücke erwerben konnte, auch das in der Hospitalstraße. 1891 konnte er dieses Grundstück zusammen mit einer weiteren Parzelle für sage und schreibe 8000 Mark beleihen! Grundkapital für das, was man modern dann „Startup“ nennen würde und auf dem Grundstück Hospitalstraße begann. Mit einer radikalen Geschäftsänderung vom Futterhandel zur Blechwarenfabrik erfolgte ein mutiger kompletter Geschäftsfeldwechsel. Dieses könnte man heute betriebswirtschaftlich modern „Disruptive Economy“ nennen! Über eine Umwandlung des Familienbesitzes 1899 in eine Aktiengesellschaft „Westfälische Metall Industrie“ (WMI) startete eine extrem erfolgreiche Geschäftsentwicklung. Sieht man auf das hier 1906 erfundene Weltinnovationsprodukt „Autoscheinwerfer“, ist die Hospitalstraße 46 so etwas wie Steve Jobs Garage in Los Altos in Silicon Valley!

Und dann brach nach dem 1. Weltkrieg 1920 alles zusammen. Sally Windmüller verstrickte sich in Geschäfte, die juristisch seinen vollständigen persönlichen Ruin herbeiführten. Die WMI schlitterte in eine komplette Existenzkrise.

Nach langen juristischen Auseinandersetzungen zwischen Aktionärsgruppen konnte dann 1923 die Industriellenfamilie Eduard Hueck aus Lüdenscheid die Aktienmehrheit erreichen und die WMI in die Hueck Firmengruppe integrieren. Das Lippstädter Unternehmen wurde gerettet und wieder auf erfolgreichen Kurs gebracht. Zusammen mit Dr. Wilhelm Röpke (ab 1926 in der WMI-Führung) produzierte das Unternehmen vielfältige Innovationen und wieder Geschäftserfolg, durchlebte aber politisch und zeitgeschichtlich eine äußert schwierige Zeit. Der Zweite Weltkrieg machte jeden Erfolg zunichte. Danach begann die Familie Hueck ihr unternehmerisches Handeln erneut und konnte 1951 die WMI aus einer Aktiengesellschaft in eine rein familiär geführte GmbH umwandeln. Der Start zum heutigen Weltkonzern mit vielen internationalen Produktionsstätten, seit 1986 mit dem Firmennamen „Hella“, nahm seinen Anfang…

Der Stammstandort Hospitalstraße wurde nun für den „Hella“ Konzern unternehmenswirtschaftlich völlig uninteressant und am 1.6.1979 an die Stadt Lippstadt veräußert.