DAS HOSPITALSTRAßE 46 ALPHABET


I wie Immobilie

Es gibt in Lippstadt wahrscheinlich kein weiteres Gebäudeensemble, das eine derart vielfältige Baugeschichte und verschiedenartige Nutzung besitzt, wie die Hospitalstraße 46!

Güterbahnhofsgelände an der HospitalstraßeVon der ersten Futtermittelscheune (wahrscheinlich Fachwerk) des späten 19. Jhd. ist nichts mehr vorhanden. Aber vom Gebäude der ersten Lampenfabrikation und der Verwaltung sowie den Fabrikhallen und Funktionsbauten der Westfälischen Metall-Industrie stehen mehr als Außenmauern. Hier existiert bauhistorisch Interessantes! Ein baufach-liches Gutachten der Stadt Lippstadt kommt auf mindestens „11“ Bauphasen seit 1895, die alle noch heute verifizierbar sind: 1895 Errichtung erster Gebäude (1/2) – Vor 1900 Errichtung des Wohnhauses (3-nicht mehr vorhanden) – 1900 Aufstockung der Fabrikhalle (1) und Neubauten (4/5) - 1906 Verlängerung der Fabrikhalle nach Süden (4) – 1911  Aufstockung der Fabrikhalle und neue straßenseitige Fassade (1) – 1926 Überbauung der Durchfahrt (3) – 1928 Veränderungen im OG und DG (3) – 1930 Treppenhaus hinter der Fabrikhalle (1) und innere Umbauten (2) – 1954 Anbau an der östlichen Seite der Fabrikhalle (1) – 1957 Aufstockung des Anbaus (1) – ab 1960 Einzug von Flur- und Raumwänden (1/4/5).

Die Bau- und Erweiterungen stehen natürlich unmittelbar mit Nutzungen im Zusammenhang: Fabrikationshallen und deren Erweiterungen mit dem Geschäftserfolg und der Zunahme der Produktpalette, Wohnhaus und Verwaltung, Funktionsbauten für Energie und Logistik, Umbauten für Massenunterkünfte und Wohnraum. Die Geschichte der Immobilie Hospitalstraße 46 beinhaltet Vielfältiges: Aspekte der industriellen Gründerzeit und Ausgangsort moderner technischer Produktion. Sie war kurzzeitig Produktionsgefängnis und NS-Terrorstätte, dann Durchgangs- und Wohnquartier für ehemalige Zwangsarbeiter, Kriegsvertriebene, ausländische Gastarbeiter, Spätaussiedler, Obdachlose und in letzter Zeit Unterkunftsreserve der Stadt für Asylsuchende. Die Hospitalstraße 46 repräsentiert einen exemplarischen Ort für deutsche Sozialgeschichte in einer Kleinstadt der letzten 125 Jahre!

Aber auch die „Architektur“ der Hospitalstraße 46 hat ihren geschichtlichen Reiz. Die frühe, damals sehr moderne Stahlbaukonstruktion für die Fabrikhallen, die Einwölbungen der Decken in Form der „Preußischen Kappe“ (Stahlträger in Querrichtung und zwischen den Trägern segmentartige Ausmauerung) zeigen für die Bauhistorie der Stadt innovative Konstruktionselemente. Der Gutachter für die Bauhistorie der Gebäude schreibt: „Die erhaltenen Gebäude sind Zeugnisse anfänglicher Industrialisierung in Lippstadt. Mit dem Einbau von Stahl als konstruktive Bauelemente aber auch beim Fensterbau als neue sichtbare Gestaltungselemente wird mit traditionellen Bauweisen gebrochen und weisen auf eine damals innovative Formensprache. Zusammen mit den anderen Häusern beider Straßenseiten zeigen die Fabrikgebäude eindrucksvoll den Wandel im Städtebau einer westfälischen Kleinstadt an.“  Es sind alles Argumente zur Erhaltung der Hospitalstraße 46!