DAS HOSPITALSTRAßE 46 ALPHABET


B wie Blechdrückerei

alter Lageplan der Blechdrückerei…wer kennt schon „Blechdrücken“? Aber dieses mechanische Verformungsverfahren von Blechen bildet ein zentrales Prozesselement in der Metalltechnologie! Ein Technologiesprung erfolgte hier im 19. Jahrhundert durch maschinengestütztes produktbestimmendes Verformen von Blechen an Druckbänken für Serienteile, der Beginn industrieller Fertigung! Und wo startete dieses in Lippstadt: In der Hospitalstraße 46!

Noch bis Mitte des 19. Jahrhunderts lag jede Art von Metallverarbeitung im wahrsten Sinne des Wortes in den „Händen“ von Schmieden und Schlossern. Es ging immer um reine Handarbeit, insbesondere bei einer feineren Metallbearbeitung für Fuhrwerke, Beschläge, Silberbearbeitung oder beim „Büchsenmacher“. Die mittelalterlich verfasste Schmiedezunft löste sich in Lippstadt 1809 auf, so war der Weg frei für neuartige Metallgeschäfte.  Und so kam 1895 ein bisschen damalige „High-Tech“ Metall-Manufaktur in Form einer Transformation von manueller Schmiedekunst zu industrieartiger Feinmechanik in die Hospitalstraße 46. Mit Kleinserien unter Maschineneinsatz begann Massenproduktion! Wer heute die hochautomatisierte Serienproduktionslinien im Weltkonzern Hella erlebt, weiß häufig nicht, dass der historische Start in der Hospitalstraße war!

Zeichnung BlechdrückereiAber der Reihe nach:  Sally Windmüller, 1899 Gründer der Westfälischen Metall-Industrie Lippstadt (WMI), kaufte um 1895 Maschinen zur Metallverformung von einer insolventen Firma an der Ruhr. Der geschäftstüchtige Pferdefutterhändler versuchte sich nun in „Metall“. Das Futtermittelgeschäft der Familie Windmüller besaß in der Hospitalstraße bereits eine Scheune. Dort erfolgten auch für die Wartung der Fuhrwerke Schmiedearbeiten. Somit bot sich ein Anbau einer Fabrikhalle an, um die angestrebte Produktion von Lampen für die ersten Fahrräder zu realisieren. Ein Genehmigungsantrag dazu erfolgte am 5.9.1895 an die Stadt. Die Zeichnung im Bauantrag gibt einen Einblick in die „Fabrikation“.

Über „Leder-Transmissionen“ lieferte ein „2 HP“ -Gasmotor (HP = „Horse Power“ = PS) Drehkraft an die Drückbänke. Die verformende Druckkraft auf den rotierenden Messingblechrohling erfolgte per Handunterstützung! Aus heutiger Sicht herrschte in der Halle ein ohrenbetäubender Lärm. Es waren schwere Arbeitsbedingungen für die ca. 15 Arbeiter, um die Gehäuseteile für Lampen auszuformen! 

Jedenfalls begann mit dem Bau der „Blechdrückerei“ der Start hin zur späteren WMI mit moderner industrieller Produktion sowie der erfolgreichen Expansion der Firma. Die Hospitalstraße 46 schreibt hier für Lippstadt Industriegeschichte!